Cicero: Sind wir Kriegstreiber?
Der Artikel im Cicero ist zwar schon aus dem August, aber weil die Denkweise der Autorin durchaus beispielhaft für viele Journalisten der Mainstreammedien ist und weil PS-Leserin Petra ihn so ausführlich seziert hat, übernehmen wir ihren Kommentar auf die Frontseite.
Petra:
Und hier ein Beispiel dafür, dass sich gar nichts ändern wird, weil die Presse inzwischen nämlich ein ganz anderes Selbstverständnis entwickelt hat, als man sich das so denkt.
Der Artikel:
MEDIENBERICHTE ÜBER PUTIN, GAZA UND ISIS
Sind wir Kriegstreiber?
VON PETRA SORGE 14. AUGUST 2014
Zitat: “Dass es nicht mehr nur Verschwörungstheoretiker oder jene vom Kreml finanzierten Manipulatoren in sozialen Netzwerken und Kommentarforen sind, die die deutsche Presse für einseitig und gesteuert halten, sondern mittlerweile auch Vertreter des Bildungsbürgertums, lässt Vertreter meiner Branche erschrecken.”
Klingt erst mal gut, gelle? Das Bildungsbürgertum ist kritisch, das schreckt auf. Das könnte einen freuen. Ich bin sicher, dass ich nicht die einzige bin, die unter dem Eindruck stand, dass die kritischen Stimmen sich in der Mehrheit durch einen gewissen Wissensstand, eine gewisse Bildung, eine gewisse Sprachfähigkeit und durch die Fähigkeit der Argumentation auszeichneten.
Es ist aber nicht gut. Denn: es sind NICHT MEHR nur Verschwörungstheoretiker und Manipulatoren. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Das impliziert nämlich, dass zu Beginn nur Durchgeknallte oder Profis kritisch waren. Und diese dann durch ihre Argumentation irgendwie das Bildungsbürgertum aufgebracht haben.
Sozusagen: der Kreml könnte sich hinstellen und sagen: Manipulation der öffentlichen Meinung in Deutschland? Mission accomplished.
Das Ende der Hoffnung auf Einsicht folgt sofort:
Zitat: “Trotzdem halte ich den Vorwurf, wir orchestrierten einen Propagandafeldzug für mehr Kriegseinsätze, im Ergebnis für absurd. Und auch für ein bisschen verletzend: Ich habe an der Universität Leipzig studiert, das zu DDR-Zeiten als „Rotes Kloster“ galt. Dort wurde der Journalist zum sozialistischen Agitator und Propagandist erzogen. Heute leben wir zum Glück in einer Demokratie; die Pressefreiheit ist eins der wohl wertvollsten Güter.”
Übersetzung: die liegen alle falsch, denn bei uns steht ja Pressefreiheit drauf, dann ist sie auch drin. Bei uns steht Demokratie drauf, also ist sie auch drin. Ich könnte nun ein Kettchen anfertigen lassen, auf dem steht “Kleopatra VIII” das heisst doch noch lange nicht, dass ich Unterstützer für meinen Herrschaftsanspruch am Nil finden werden.
Und nun wird es richtig spannend:
Zitat: “Die Frage, wieso so viele Menschen den Medien misstrauen, hängt auch mit der Meinungskluft zwischen den politischen Eliten und der Öffentlichkeit zusammen. Fast vier Fünftel der Bundesbürger lehnen ein stärkeres militärisches Engagement Deutschlands in der Welt ab – teils selbst dann, wenn das hieße, anderen Hilfe zu verweigern. Zwischen diesen beiden Extremen müssen die Medien kommunizieren und vermitteln: ”
Also mehr als nur die absolute Mehrheit der Deutschen hat eine Meinung. Die politischen Eliten haben eine andere. Also eine absolute Minderheit. Und die Aufgabe der Medien ist es: zwischen diesen Extremen zu vermitteln?
Da sieh mal einer an. Und ich dachte die Aufgabe der 4. Gewalt ist es, sicher zu stellen, dass durch die Kontrolle der politischen Elite durch die Medien, die Demokratie erhalten bleibt. Demokratie: Herrschaft des Volkes, ergo: nicht die 4/5 müssen überzeugt werden, sondern die kleine politische Elite, die offenbar in der Hauptsache nur elitär ist und in der festen Überzeugung lebt, besser als die Masse zu wissen, was gut für Deutschland ist.
Mit diesem Absatz entlarvt die Autorin sich als williger Vollstrecker der Politik. Und da ich selbst eine Frau bin, kann man mich auch nicht mit dem emotionalen Blinzel-Bienen-Gewäsch von wegen “es sei ein wenig verletztend”, dass die Menschen annehmen, die Medien sind nur noch die Propaganda-Abteilung, zu Mitgefühl bewegen.
Die Aufgabe der Medien ist es eben nicht zu vermitteln, im Sinne eines Mediators, sondern Inhalte zu vermitteln. Die Aufgabe ist Information. Aber man ist zur Meinungsbildung übergegangen. Und das, mit Verlaub, verbitte ich mir.
Die Aufgabe der Medien ist es, die Eliten zu überwachen und dem Bürger eine Stimme zu geben, weil er selbst sich nur sehr schwer Gehör verschaffen kann. Statt dessen sind die Medien dazu übergegangen, dazu beizutragen, dass der einzelne Mensch in diesem Land sich nicht mehr äussern kann, ohne mit dem Totschlags-Argument “Putin Troll” diffamiert zu werden.
Selbst die Autorin, die sich hier ja einsichtig zeigen will, weil das nun mal so ein Trend ist, denn es sind inzwischen zu viele Zeitungen abbestellt worden, fällt in dieses Verhalten zurück, indem sie betont, dass es “NICHT MEHR NUR Verschwörungstheoretiker und bezahlte Agenten sind”.
Aber weiter.
Zitat: “Vielen Rezipienten fällt es aber auch schwer, zwischen sozialen und traditionellen Medien zu unterscheiden.”
Ach da schau an. Das Problem scheinen aber inzwischen auch die Regierungen zu haben. Jedenfalls hab ich nicht vergessen, dass man uns “Beweise” für die Schuld Russlands vorlegte, die aus der Quelle “soziale Medien” stammte. Da sollte man diesen sozialen Medien vertrauen. Bilder vom Buk System zum Beispiel das eindeutig aus Russland kam. während wir gerade kürzlich von Herrn Schleicher (BND) erfahren durften: ne, die Russen hatten das nicht geliefert, sondern die Rebellen hatten es
erbeutet, von einem ukrainischen Stützpunkt.
Und statt zu fragen, taten die traditionellen Medien das, was ihnen die kritische Haltung der Bürger einbrachte: nichts! Es wurde weder gefragt: wieso hat das die Ukraine von Anfang an nicht gesagt, dass das Ding weg war, wieso wurde der Luftraum nach der Erbeutung dieses Systems nicht gesperrt und vor allem: sollte man nun nicht wenigstens mal die Sanktionen ein wenig reduzieren, die ja nur wegen der “Mitschuld der Russen” an der Tragödie überhaupt durch die EU erlassen wurden. Sollte man sich vielleicht auch mal bei den Russen entschuldigen, weil man ihren Repräsentanten mit Gaddafi verglichen hatte? Nichts kam. Immer weiter geht es.
Also ich find es einfach mehr als fragwürdig von den Lesern und Zuschauern eine Medienkompetenz zu verlangen, die den “Eliten” offenbar selbst fehlt. Und ich finde es fragwürdig, dass Rechtfertigungen folgen, Erklärungen, aber niemals auch nur ein Stückchen Einsicht mit Konsequenz. Denn nur dann ist es Einsicht, sonst nur leeres Geschwätz.
Nun folgt eine solche Rechtfertigungsarie. Zeitdruck und was weiss ich. Wessen Job ist in unserer schnelllebigen Zeit schon einfacher geworden? Wenn alle jetzt ihre Fehler immer wieder begehen und sich rechtfertigen, dann bricht alles zusammen. Man macht Fehler, man lernt daraus. Oder eben nicht. Dann sollte man sich aber auch nicht beklagen.
Und was man tunlichst unterlassen sollte folgt im Artikel:
Zitat: “Leser selbst für das Angebot verantwortlich
Dabei hat der Leser mit seinem Verhalten selbst das mediale Desinteresse mitzuverantworten. Der Tod von Robin Williams hat in dieser Woche von den Online-Zugriffen her nahezu alle anderen Themen überlagert. Spiegel Online machte am Dienstag mit drei Artikeln des US-Schauspielers auf, von denen es zwei in die Top 5 des Tages schafften. In den Ranking-Sparten meist „gelesen“, „verschickt“ und „gesehen“ des Nachrichtenmagazins fand sich kein einziger politischer Beitrag, geschweige denn einer zur Außenpolitik. An jenem Tag, an dem die deutsche Politik Waffenlieferungen an die Kurden in Aussicht stellte, interessierten sich die Nutzer am meisten für Grillfleisch, Rotweine oder Miroslav Klose, und bei Cicero Online erreichte ein Artikel über Helene Fischer Rekord-Zugriffe. Wenn die Nachfrage nach ausgewogenen außenpolitischen Analysen so gering ist, warum sollten die Medien da noch mehr liefern? Und worin sollte der ökonomische Anreiz bestehen, Kriegspropaganda zu verbreiten?”
Jetzt wissen wir es. Wir sind dumme Schafe und deshalb kriegen wir den Dreck zu fressen. Selbst schuld. Merci dafür Mädchen.
Allerdings, mal ein paar Anmerkungen:
Wieso gibt sich der Cicero überhaupt dafür her, diesen Quatsch über eine Helene Fischer zu schreiben, während es um Waffenlieferungen geht?
Wieso sollte das Thema Waffenlieferungen die Bürger ganz massiv in Wallung bringen? Die Debatte im Parlament erfolgte NACH der Entscheidung. Und die Kanzlerin hatte noch dazu erklärt, dass sie an einen Beschluss vom Bundestag nicht gebunden sei. Wieso erwartet man vom Bürger, eine Ernsthaftigkeit und ein Bewusstsein für demokratische Prozesse, die bei den Hauptakteuren fehlt? Wenn schon der Bundestag zur Dekoration gemacht wird “labert mal fein, aber ändern wird das eh nix” wie soll der Bürger sich dann motiviert fühlen, sich in einen Prozess und sei es nur durch das Schreiben eines Kommentars, einzubringen?
Die letzte Frage worin der ökonomische Anreiz im Verbreiten der Kriegspropaganda besteht ist nun wirklich beleidigend. Mädchen, einfach mal in die Buchhandlungen gehen und das Buch von Ulfkotte lesen. Vielleicht auch einfach mal darüber informieren, wie Journalisten in die transatlantische NGO Welt eingebunden werden, und da reicht Insentives abgreifen.
Und dass ausgerechnet Zeitungsausträger von Anfang an vom Mindestlohn ausgenommen wurden, war sicher auch reiner Zufall.
Und offenbar lohnt es auch nicht, den Dreck über Lieschen Lotterleben zu schreiben, denn der Absatz sinkt.
Aber das Letzte und ich mein wirklich das Allerletzte ist doch wohl: “Wenn die Nachfrage nach ausgewogenen außenpolitischen Analysen so gering ist, warum sollten die Medien da noch mehr liefern?”
WEIL DAS DER AUFTRAG DER MEDIEN IST!
Also der, der Bürger. Der, der Politik ist sicher: weitermachen mit der Volksverdummung, dann gehen die auch nicht auf die Strasse zum Protestieren.
Wer sich als Journalist freiwillig auf Boulevard-Niveau begibt, der verdient es auch nicht, darüber zu flennen, dass die Bürger eine “verletzende” Einstellung haben. Kann doch egal sein, sind doch eh nur primitive Dummköpfe, die auf die nächste Staffel von Deutschland sucht das nächste was auch immer, warten.
Mein Fazit: wieder so ein Jammerartikel, arme Journalisten, blöde Kunden, böse Meinungsmacher (vom Kreml bezahlt) und wieder keine, aber wirklich keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Kritik.
So Mädchen, jetzt ab in die Ecke, Tränchen trocknen, und dann ne Bewerbung an die Gala. Da braucht man sich auch nicht zu rechtfertigen, wenn man keine politischen Analysen abliefert. DIE Leser erwarten nämlich nix anderes!
Herzliche Grüsse
Petra
Quelle und weiterlesen: http://www.propagandaschau.de