9. Oktober in ARD und ZDF: Der Mythos von der »freiheitlichen Revolution«

9. Oktober in ARD und ZDF: Der Mythos von der »freiheitlichen Revolution«

ardzdfEine vorrangige Aufgabe von Staatsmedien, egal ob in der DDR, BRD, Nordkorea oder Deutschland, ist die Verbreitung und Verfestigung sinn- und gemeinschaftsstiftender Mythen und Geschichten, die den inneren Konsens und die Einheit des nationalen Gebildes begründen und stabilisieren sollen.

Im Deutschland von ARD und ZDF wird der wirtschaftlich und politische Bankrott, die Abwicklung und Übernahme der ehemaligen DDR durch die BRD, zu einem propagandistischen und realitätsfremden Märchen von “Freiheit” und “Demokratie” umgedeutet, die angeblich durch eine “Revolution” erkämpft wurden.

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Die Antagonisten dieser eindimensionalen Mär sind gute Bürgerrechtler und böse Staatsschergen, die sich einst auf den Straßen eines “Unrechtsstaates” gegenüberstanden. Aktueller Held ist ein so pathetisch wie reaktionär salbadender Pfaffe, der sich ernsthaft einbildet, am Untergang des Unrechtsstaates mitgewirkt zu haben und es sichtlich genießt, sich für seinen Wahn von den Gläubigen feiern zu lassen.

Gauck erinnert dabei an eine Witzfigur aus einem Comic: Das unbedarfte kleine Schweinchen, das sich einbildet, durch sein Klopfen an das längst von Termiten zerfressene Tor der finsteren Burg, deren Einsturz verursacht zu haben.

Ohne den ehemaligen DDR-Bürgern, die tatsächlich ernsthaft gegen Unrecht und Unterdrückung gekämpft haben, die zweifellos auch mehr Freiheit wollten, nahetreten zu wollen, muss man – um die Ereignisse tatsächlich richtig zu verstehen – erst einmal konstatieren, dass es die relativ großen Proteste auf den Straßen nicht gegeben hätte, wenn die wirtschaftlichen Zustände in der BRD noch schlechter gewesen wären, als die in der DDR. Das ist Fakt und mit keinerlei Verunglimpfung verbunden.

Der Mensch misst sein eigenes Wohlergehen immer am Mitmenschen und vor der Moral kommt immer und überall das Fressen. Die DDR-Bürger der 80er Jahre unterscheiden sich in dieser Frage nicht vom Rest der Menschheit. Vor die Wahl gestellt, ob sie im Wohlstand eines totalitären Unrechtsregimes oder in Armut und Freiheit leben wollten, würde sich weltweit die Mehrheit für Ersteres entscheiden. So viel Realismus und Einsicht in die eigene Natur muss sein – wenn man die Welt wirklich verstehen will.

Hätte den DDR-Bürgern also nicht das vermeintliche Schlaraffenland BRD vor Augen gestanden, sondern vielleicht ein demokratischeres, aber wirtschaftlich prekäreres System im Westen, es wären in der DDR vielleicht Hunderte auf die Straße gegangen, aber sicher nicht Tausende oder gar Zehntausende. Und sie hätten ganz sicher nicht versucht, unter Lebensgefahr und über Drittländer oder eine tödliche Grenze in diese Armut zu flüchten. Tatsächlich wäre es dann wahrscheinlich, dass Republikflüchtlinge vornehmlich in umgekehrte Richtung, von West nach Ost migriert wären – mit der hehren Begründung, den Sozialismus aufbauen zu wollen selbstverständlich.

zdf_revo_ddrzdf_kollaps_ddrEine zweite geschichtliche Wahrheit wurde gerade erst sogar vom “Kanzler der Einheit” höchstpersönlich bestätigt, dass es nämlich nicht die tausenden Bürger auf den Straßen waren, die den Systemzusammenbruch herbeiführten, sondern dass dieser längst an anderer Stelle entschieden worden war. Von einer Revolution zu sprechen ist also nicht nur vom Ende her betrachtet, sondern in jeder Hinsicht irreführende Propaganda und Volksverdummung. Das ideologische Ziel ist, wie eingangs gesagt, der Aufbau eines sinn- und gemeinschaftsstiftenden Mythos.

Die Gefahr dieser geschichtsrevisionistischen Lügen liegt auf der Hand. Zunächst einmal kann ein Volk seine eigene Geschichte weder richtig beurteilen, noch selbst zielgerichtet in die Hand nehmen, wenn es über seine eigene Vergangenheit belogen und in die Irre geführt wird. Die Bürger leben in einer politischen Illusion und einer Blase inkonsistenter Geschichten – anstatt echter Geschichte – die sie zur Unmündigkeit über das eigene Schicksal verdammt. Wer eines Tages vielleicht denkt, das mit den Demonstrationen hat doch in Leipzig geklappt, das muss dann auch in Berlin funktionieren – wenn nur genug mitmachen – ist das erste Opfer dieser Propaganda und wird womöglich ein böses Erwachen erleben.

Wie es sich aber für lupenreine Staatssender wie ARD und ZDF gehört, treiben diese die Mär von der friedlichen Revolution der Bürgerrechtler nachdrücklich in die Köpfe der infantilisierten Zuschauer. Hat die deutsche Gesellschaft eine derartige Hirnwäsche wirklich nötig? Es wäre schlimm, wenn es so wäre.

In der heute-Sendung vom 9.10.2014 heißt es (ab 11:09 min) in einer “Geschichte für Dummies”-Variante:

zdf_heute_9.10Christian Sievers: “Dann der 9. Oktober, also heute vor 25 Jahren. 70.000 mutige Bürger auf der Straße – so viele, wie nie. Es war der Durchbruch für die friedliche Revolution in der DDR. Nur einen Monat später fiel die Berliner Mauer.”

 

zdf_heute__gauck_9.10Joachim Gauck: “Tausende überwanden ihre Angst vor den Unterdrückern, weil ihre Sehnsucht nach Freiheit größer war, als ihre Furcht.”

Anja Charlet: “Die DDR war ein Unrechtsstaat, sagt Gauck, wo ein Klima der Angst und der Ohnmacht herrschte”

Die Tagesschau vom 9.10. verbreitet den gleichen holzschnittartigen Unsinn mit notdürftig abgewandelten Worten und dem selben suggerierten Kausalzusammenhang, wie die heute-Sendung eine Stunde zuvor:

ard_rakers_revo_9.10Judith Rakers: “Am 9.Oktober 1989 waren in Leipzig mehr als 70.000 Menschen für Demokratie und Freiheit auf die Straße gegangen. Einen Monat später fiel die Berliner Mauer.”

 

Im heute-journal des ZDF am selben Tag wird dann ausführlich und schamlos in einem primitiven Beitrag von Andreas Weise emotionalisiert, um auch nicht die kleinste rationale Frage, nach den tatsächlichen Hintergründen aufkeimen zu lassen. Immerhin erscheint in einem weiteren Bericht über den Bürgerrechtler Rainer Müller plötzlich anstatt des zuvor eingeblendeten, reklameerprobten Slogans “25 Jahre friedliche Revolution” oben rechts in der Ecke das Logo “Kollaps DDR“. Leider ist auch Müller von tieferer Reflektion über die Vorgänge weit entfernt und gefällt sich in der Rolle des erfolgreichen, friedlichen Revoluzzers und Freiheitskämpfers.

zdf_kollaps_ddr1Rainer Müller: “Wir haben gewonnen. Also letztendlich ein Sieg der Freiheit über die Unfreiheit. Damals den Sieg der organisierten Opposition mit den 70.000 hier auf den Leipziger Straßen.”

Zurecht erinnert Müller an die Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten (vom ZDF ausführlich mit Bildern unterfüttert), nur wem möchte er denn weismachen, dass es derartige Übergriffe nach der sogenannten “Revolution” im vereinten Deutschland nicht mehr gibt? Vielleicht sollte er sich mal in Dresden einer Nazi-Demonstration in den Weg stellen, um zu erfahren, wie es ist, am Zottelbart von freiheitlich-demokratischen Polizisten von der Straße gezerrt und anschließend mit Prozessen überzogen zu werden.

Auch die Tagesthemen setzen auf Holzschnitt und Emotionalisierung.

ard_miosga_9.10Caren Miosga: “Heute Abend leuchtete Leipzig, weil heute vor 25 Jahren mehr als 70.000 Menschen durch diese Stadt strömten und “Wir sind das Volk” riefen. Hundertschaften von Volkspolizisten und NVA-Soldaten standen ihnen entgegen [das ist eine freche Lüge, denn die “Sicherheitskräfte” hatten nur den Befehl zur Eigensicherung und haben die Demonstranten ungehindert marschieren lassen] und es ist bis heute unglaublich, dass damals kein Blut vergossen wurde und diese Massendemonstration gewaltlos blieb, wie die gesamte Revolution, die die DDR schließlich zum Einsturz brachte.”

 

Fazit: Staatstragende Propaganda und die Festigung eines eindimensionalen, märchenhaften Narrativs vom friedlichen Umsturz durch ein paar Zehntausend demonstrierende Bürger. Die tatsächlichen historischen Hintergründe werden verschwiegen oder ihre Bedeutung herunter geredet. Am Ende müsste man ja noch Russen dankbar sein – geht ja gar nicht! Die negativen Folgen des Anschlusses, der Zerschlagung und Aufteilung wirtschaftlicher Strukturen unter westlichen Konzernen wird ausgeblendet. Die politische Desillusionierung weiter Teile der Bevölkerung, die das Angebot der Pseudodemokratie, für die sie angeblich gekämpft haben, gar nicht annehmen, wird genauso totgeschwiegen, wie die Kaperung der Protestbewegung durch nationalistische Elemente. Die DDR wird pauschal als Unrechtsstaat dargestellt, deren Bürger nun froh sein können, “frei” und “glücklich” im ach-so-demokratischen vereinten Deutschland zu leben.

Und was, wenn der Hegemon im Westen wirtschaftlich genauso kollabiert, wie vor 25 Jahren der Hegemon im Osten? Dann werden wir zumindest sehr schnell feststellen, dass deutsche Polizei und Bundeswehr nicht so zögerlich zur Sache gehen werden, wie seinerzeit Vopos und NVA. Und dass dann in Washington ein amerikanischer Gorbatschow an der Macht sein wird, der die Deutschen großzügig in ihre Freiheit entlässt, das ist so wahrscheinlich wie eine echte friedliche, demokratische Revolution durch die in Unmündigkeit gehaltenen Deutschen in den nächsten 100 Jahren.


Quelle und weiterlesen: http://www.propagandaschau.de

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